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 Foto: Andreas Stedtler

Strom kommt  nicht mehr aus der Kohle

Jede Menge Solarmodule hat die Mitteldeutsche Braunkohlen AG (Mibrag) bereits aufgebaut, um grünen Strom gewinnen zu können.  Das Unternehmen fördert noch bis 2038 Braunkohle in seinen zwei Tagebauen „Vereinigtes Schleenhain“ südlich von Leipzig und im Tagebau Profen im Süden Sachsen-Anhalts. Das Unternehmen bereitet  den Wandel vom Kohleproduzenten zum Energiedienstleister vor.  Thomas Lehmann leitet den Unternehmensbereich Erneuerbare Energien. Er steht hier in der Photovoltaikanlage Peres II im Tagebau Vereinigtes Schleenhain. Auf einer Fläche von 55 Hektar produzieren 66.000 Solarmodule Strom, der  zur Eigenversorgung  über eine Extra-Trasse ins Netz der Mibrag eingespeist wird. Die Anlage mit einer Spitzenleistung von 37 Megawatt könnte 15.000 Haushalte mit Strom versorgen.  Bis zum Ende des Jahrzehnts will das Bergbaunternehmen Photovoltaik-Anlagen mit 630 Megawatt und Windkraftanlagen mit 290 Megawatt installieren. Geplant ist im Tagebau Profen der Aufbau einer Elektrolyse-Anlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff etwa für die Chemieindustrie. Entstehen soll am Tagebau auch ein neuer Industriepark mit bis zu 2.000 neuen Arbeitsplätzen.

Stippvisite in der Zukunft

Von Hans-Ulrich Köhler

Heute ist der 30. November 2044. 

An diesem Mittwoch laufen am Schwerzauer See die letzten Arbeiten vor der Eröffnung der Ferienhaussiedlung „Schwerzau Village“ am kommenden Wochenende. Im schwimmenden Restaurant werden die ersten Gäste in wenigen Wochen Silvester auf dem See feiern. Im nächsten Sommer wird ein großer Sandstrand fertig sein. Eine Surfschule eröffnet, Elektroboote starten von einer kleinen Marina aus. Wein wächst an den Hängen rings um den See. Er ist auf dem Gelände des früheren Tagebaus Profen entstanden.


Keine sechs Jahre ist es her,  dass hier im Süden des Landes zum letzten Mal Kohle für die Verstromung gefördert wurde.  Kohleausstieg ist jetzt zum Wort von gestern geworden. Nur der Strukturwandel  hält sich noch hartnäckig im Wortschatz der Menschen. Denn  Strukturen wandeln sich immer noch. Vieles  hat sich 2044 zum Guten entwickelt, weil Politiker, Bürger, Bergleute und Fachleute aller Sparten vor fast drei Jahrzehnten das einzig Richtige gemacht haben: Sie haben nicht lamentiert über das Aus für ein Stück Industriegeschichte, sondern haben überlegt, wie sie dem Wort Strukturwandel das Bedrohliche nehmen und ihre Heimat lebenswerter machen. Milliarden wurden von Land und Bund  in die Zeit nach der Kohle gesteckt. Auf dem Zeitzer Markt erinnert  heute eine Popart-Kunstinstallation an den Aufbruch.


Dieser 30. November 2044 ist ein sonniger Tag. 16 Grad – lässt der Klimawandel grüßen? Die Sonne tut den riesigen Mibrag-Solaranlagen gut. Auf zehntausenden Quadratmetern wird auf ehemaligen Tagebauarealen Strom erzeugt. Ein großer Teil der Gegend wird damit versorgt. Vor den Toren von Zeitz lockt  2044 der florierende Industriepark immer noch Investoren an. Die Gemeinde Elsteraue und der Burgenlandkreis haben Bürokratie radikal abgebaut. Vom Bauantrag bis zum ersten Spatenstich vergeht kein halbes Jahr.  Nächste Woche wird im Industriepark die Ansiedlung der 100. Firma gefeiert werden. Immer mehr  Unternehmen hier machen nicht  nur „auf grün“, sie sind grün. Die Weichen dafür wurden lange vor dem Kohleausstieg gestellt, als hunderte Millionen im Industriepark investiert  wurden. Sechs Jahre nach dem Kohleausstieg ist die Region gut unterwegs zu einem klimaneutralen Industriestandort.  


Viele  Start-ups haben sich in den letzten zwanzig Jahren neben den alteingessenen Firmen wie Puraglobe oder Interstarch angesiedelt. Die jungen Firmen bringen die Digitalisierung   voran und nutzen KI, um ihre Ideen umzusetzen. Ein sogenanntes Reallabor bietet   ihnen im Baufeld 18 des Parks die Chance, ihre Anlagen, ihre Ideen unter praxisnahen Umständen zu testen. 


Anfang Dezember 2044 macht öffentliche Mobilität im Burgenlandkreis mehr denn je Spaß. Vom  Busbahnhof in Zeitz starten die Elektrobusse im Stundentakt in die Dörfer des Reviers.  Ab nächsten Monat geht es mit der S-Bahn im 20-Minuten-Takt in die Messestadt. Kleine Orte wie etwa Reuden sind wieder auf der Schiene erreichbar.
 

Den Theaterbühnen der Stadt hat der Strukturwandel gut getan. Alles tipptopp saniert im November 2044.  Im Neuen Theater Zeitz wird nach 20 Jahren „Frauen auf Annonce“ erstmals wieder aufgeführt – in ukrainisch. Ukrainisch? Warum denn das, fragen die ganz Jungen. Auch sie fahren heute gern mit der Standseilbahn – Baujahr 1877 –, die vor zwei Jahrzehnten von einem Bürgerverein gerettet  wurde und Unter- und Oberstadt verbindet. Das neue Bergbaumuseum Herrmannschacht   Zeitz hat sich zum Touristenmagnet entwickelt. Eine  Multimediaschau erinnert an die Kohlezeit und den Aufbruch in das neue Zeitalter.  


Das Projektbüro „Zeitz – Stadt der Zukunft“ arbeitet  immer noch, weil es ständig neue Impulse für die Stadtentwicklung gibt.  Dass es sich lohnt, weit und mutig voraus zu denken, ist hinter der Backsteinfassade des ehemaligen Kinderwagenwerkes Zekiwa erlebbar. Es war vor 20 Jahren Teil des Projektes Neues Europäisches Bauhaus, finanziert aus Fördermitteln des Landes und der EU. Entstanden ist aus einer Industriebrache ein Ort, wo Kreative ihre Ateliers haben, Handwerker in Nachbarschaft von Architekten arbeiten, Ärzte sich niedergelassen haben und wo  man gut wohnt. Und gern feiert – hoch oben unterm Dach in der hippen „Zekiwa Sky-Lounge“. So wie  heute Abend wieder – am 30.November 2044.

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GRAD MUSS DIE Temperatur betragen, wenn der Strom durch die Supraleiter des MRT fließt, sonst würde jeder Draht sofort verglühen.

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Bahnhof soll zum Ärztehaus werden

Heftig debattiert wird im Burgenlandkreis darüber, wie das  Geld für Strukturwandel-Projekte effektiv  und gerecht verteilt werden kann.  Auch der Bürgermeister der Gemeinde Elsteraue, Mark Fischer, hofft  auf einen Zuschlag für eine Idee des Gemeinderates. Seit vor zehn Jahren der letzte Zug im 400-Einwohner-Ort Reuden abgefahren ist, verfällt das Bahnhofsgebäude. Mit Strukturwandel-Geldern könnte ein Ärztehaus entstehen. Ob es klappt, ist ungewiss.

Foto: René Weimer
 

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Verein baut Museum in Zeitz  weiter aus

Der Verein Mitteldeutscher Umwelt- und Technikpark engagiert sich seit 1994 für die Erhaltung von Industriedenkmälern. Die Vereinsmitglieder Anik Kompalla (links) und Monique Saar stehen hier im Museum Brikettfabrik Herrmannschacht Zeitz, der ältesten erhaltenen Brikettfabrik der Welt. Geprüft wird   im Burgenlandkreis, wie mit Strukturwandelgeldern  vergleichbare Museen zu einem Mitteldeutschen Bergbaumuseum entwickelt  werden könnten. 

Foto: René Weimer

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Gutes Pflaster für Investoren in Zeitz

Der Chemie- und Industriepark Zeitz unter Leitung von Christoph Hansel wird weiter wachsen.  Zirka 320 Millionen Euro wollen   Unternehmen verschiedenster Branchen investieren.   Die Firma Puraglobe errichtet die dritte Raffinerie zur Aufarbeitung von Altöl, die Südzucker-Gruppe baut eine Anlage zur klimaneutralen Zuckerproduktion und Infra Zeitz, der Betreiber des Parkes, will aufrüsten, um die künftige  Ver- und Entsorgung sicherzustellen.  

Foto: René Weimer

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Neues Leben hinter  Mauern der alten Fabrik

In Zeitz wurde für den Strukturwandel das Projektbüro  „Stadt der Zukunft – Zeitz“ ins Leben gerufen, das von Martin Stein (rechts) geleitet wird. Mit Oberbürgermeister Christian Thieme steht er hier während früherer Bauarbeiten in der ehemaligen Kinderwagenfabrik Zekiwa, die  umgestaltet wird.  Das Projektbüro erarbeitet im Auftrag der Stadt einen Masterplan für ihre  Entwicklung. Dazu zählen  Projekte zur Revitalisierung innerstädtischer Altindustriestandorte.
Foto: Andreas Stedtler

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