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Straßenverkehr

Dominik Lausch arbeitet bei der halleschen Firma DENKweit als Geschäftsführer. Foto: Andreas Stedtler

In der Glasröhre über den Fluss – so soll die Brücke der A143 über die Saale bei Halle aussehen.
Simulation: Deges/Leonhardt, Andrä und Partner

In der Glasröhre über den Fluss – so soll die Brücke der A143 über die Saale bei Halle aussehen.
Simulation: Deges/Leonhardt, Andrä und Partner

Wo die Zukunft aus Glas ist

Von Alexander Schierholz

Die Saalebrücke der A143 bei Halle soll in einer gläsernen Röhre verlaufen. Warum das für die Planer Neuland ist.

Die Zukunft ist im westlichen Saalekreis durchsichtig. Wer in ein paar Jahren die Autobahn A143, die Westumfahrung Halles, befahren wird, der  wird bei Salzmünde über eine Brücke und durch einen Tunnel zugleich rollen. Wie das möglich ist? Die  Querung der Autobahn über die Saale wird „eingehaust“, so nennen das Fachleute. Anders ausgedrückt: Die Fahrbahnen werden mit einer gläsernen Röhre überspannt. 


Noch   ist dieser Abschnitt der A143, die  die A38 im Süden mit der A14 im Norden Halles verbinden soll, im Bau. Doch hinter den Planern  liegen  jahrelange Vorarbeiten, zwischenzeitlich verzögerten auch Klagen das Projekt. Der Bund, der über seine Planungs- und Baugesellschaft Deges als Bauherr auftritt, hatte bereits vor 20 Jahren für die Saalebrücke bei Salzmünde einen Wettbewerb ausgeschrieben. Mit seiner Idee des Glastunnels hatte  das  internationale Planungs- und Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner damals die Jury überzeugt.

Lärmschutz für Ortschaften

Der Glastunnel habe eine rein praktische Funktion, sagt Kathrin Fiedler, Projektleiterin für die Saalequerung bei der Deges: Lärmschutz. Die Röhre auf der Brücke sei  die Fortsetzung eines Lärmschutztunnels südlich davon. So solle Verkehrslärm von den  nahe gelegenen Ortschaften Salzmünde und Schiepzig ferngehalten werden. Für die erfahrene Ingenieurin ist das Projekt Neuland: „Im Unterschied zu sonstigen Brückenbauten ist das eine nicht alltägliche Konstruktion.“ Glasfassaden oder -dächer kenne jeder. Doch der Einsatz von Glas in der geplanten Form auf einer Brücke sei etwas Besonderes. Der Grund: Eine Brücke bewege und verforme sich je nach  Last des Verkehrs. Darauf müssten die verwendeten Scheiben ausgelegt sein.

1.600

SPEZIELLE SCHEIBEN sind  notwendig für die geplante Glasröhre der Saalebrücke der A143 westlich von Halle. Experten der Hochschule Anhalt in Dessau haben das Glas Tragfähigkeits- und Belastungstests unterzogen.

Dessauer Expertise

An diesem Punkt kommt die Hochschule Anhalt ins Spiel. Wie das Glas beschaffen sein muss, haben Experten des Fachbereichs Architektur, Facility Management und Geoinformation   aus Dessau in vielen Versuchen getestet. Wie tragfähig müssen die Scheiben sein, wie belastbar?  Wie lange muss eine Scheibe Rissen standhalten, ehe sie bricht? Die magische Zahl hierbei: 90. So viele Tage müsse eine gerissene Scheibe „resttragfähig“ sein, erläutert Fiedler. Schließlich könne im Falle einer solchen Beschädigung nicht sofort die Autobahn gesperrt werden.


Im Labor haben die Dessauer Fachleute deshalb eigens Scheiben beschädigt und dann belastet. Weitere Tests an der Materialprüfungsanstalt Dresden  befassten sich mit Brandschutz. All das, sagt Fiedler, habe dazu gedient, die Eignung des Glases nachzuweisen. Auf bestehende Normen dafür habe man wegen der besonderen Konstruktion der Brücke nicht zurückgreifen können. 


Dabei sind die Scheiben an sich, aus denen die gläserne Röhre über die Saale bestehen soll, gar nicht außergewöhnlich. Sie bestehen aus Verbundsicherheitsglas, wie es   im Hochbau, etwa bei Glasdächern, verwendet wird. Dabei ist jedes einzelne Bauteil aus zwei Scheiben zusammengesetzt, die mit einer Folie verklebt sind. Das solle im Falle einer Beschädigung verhindern, dass sich Splitter oder größere Teile lösen und herabfallen, sagt Fiedler. 


Insgesamt soll die Saalebrücke der A143 bei Salzmünde einen knappen Kilometer lang werden, sie wird auch ein Überflutungsgebiet überspannen. Die gläserne Röhre soll aber nur über dem rund 180 Meter langen Abschnitt gebaut werden, der die Saale direkt quert. Dafür sind laut Projektleiterin Fiedler mehr als 1.600 der speziellen Verbundsicherheitsglasscheiben notwendig, mit einer Größe von jeweils rund zwei mal 1,40 Metern. Die Scheiben seien in sich übrigens nicht gebogen, wie man vermuten könnte, sagt die Ingenieurin. Wegen der besonderen Konstruktion hätte die Rundung der einzelnen Scheiben unterschiedlich ausfallen müssen – das wäre noch komplizierter geworden. Mit dem Bau der Glasröhre rechnet Fiedler  Anfang 2026 – erst dann soll die eigentliche Brücke fertig sein. Es sei denn, es kommt noch etwas dazwischen. Seit dem Sommer liegt beim Bundesverwaltungsgericht die dritte Klage gegen das Projekt, eingereicht von einer lokalen Bürgerinitiative und dem Naturschutzbund Deutschland, die Naturschutzrecht verletzt sehen. Ein Urteil hat das Gericht noch nicht gesprochen. Bis dahin wird weitergebaut.

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