Zukunftsland Sachsen-Anhalt
2025
Blick durch einen Elektromotor von Krebs & Aulich Wernigerode, der gerade montiert wird. Im Hintergrund: Martin Sobczyk, Geschäftsführer
Fotos: Andreas Stedtler
Maschinenbau
Blick durch einen Elektromotor von Krebs & Aulich Wernigerode, der gerade montiert wird. Im Hintergrund: Martin Sobczyk, Geschäftsführer. Foto: Andreas Stedtler
Schatzsuche in der Tiefsee
Von Robert Gruhne
Autobauer setzen in Prüfständen auf Motoren von Krebs & Aulich aus dem Harz.
Bald könnten sie auch beim Kupfererz-Abbau im Ozean zum Einsatz kommen.
Bei einer Tiefe von 3.000 Metern herrscht Dunkelheit. Wo der Wasserdruck gigantisch ist, halten es nur wenige Pflanzen und Tiere aus. Es ist eine sensible Landschaft, die man am besten sich selbst überlässt. Doch hier unten ließen sich auch Rohstoffsorgen loswerden. Hier lagert das Kupfer, das die Menschheit für immer mehr Strom- und Datenleitungen braucht. Und ein Unternehmen aus Sachsen-Anhalt arbeitet daran, den Schatz zu heben.
Krebs & Aulich aus Wernigerode stellt, so der Slogan, „sonderbare Elektromaschinen“ her. Die Motoren des Unternehmens flogen bereits ins Weltall – nun geht es in die entgegengesetzte Richtung. Der Harzer Maschinenbauer ist Teil des deutschen Forschungsprojekts „Deep Sea Sampling“, das an die Metalle am Meeresboden heran will.
„Die Mengen werden wir nie verarbeiten können“, sagt Martin Sobczyk, Geschäftsführer von Krebs & Aulich, über die Kupfervorräte am Meeresboden. Der Bedarf steige jedoch gewaltig, „wenn wir es mit der Energiewende ernst meinen“. Aktuell benötigt der Weltmarkt 22 Millionen Tonnen Kupfer im Jahr. Bis 2050 könnte sich der Bedarf laut Studien mehr als verdoppeln.
Claims im Indischen Ozean
Deutschland hat seine Claims am Grund des Indischen Ozeans schon vor vielen Jahren abgesteckt. Östlich von Madagaskar, vor der Insel Rodrigues, liegt ein 10.000 Quadratkilometer großes Gebiet, in dem die Bundesrepublik Rohstoffe aufsuchen darf. Sieben Millionen Euro flossen bereits in das Forschungsprojekt, darunter fast fünf Millionen Förderung. Beteiligt sind mehrere Universitäten und Unternehmen, darunter das Maschinenbauunternehmen Bauer.
Aber warum gerade hier? Maschinenbauingenieur Sobczyk kennt sich mittlerweile auch gut mit Plattentektonik aus: Wo die Platten auseinander driften, entstehen Risse. In diese dringt Wasser ein, erwärmt sich und löst Metalle im Gestein auf. Das heiße Wasser steigt wieder auf und trifft auf den kalten Ozean. Mineralien fallen aus und bilden eine Kruste. Neben Kupfer finden sich hier unter anderem auch Blei, Zink und Mangan.
Krebs & Aulich ist für den Elektroantrieb der Fräseinheit zuständig. Sie soll auf dem Meeresboden aufsetzen und die Metalle vertikal aus dem Boden fräsen. „Minimalinvasiv“ sei die Technologie, sagt Sobczyk. Angesichts der Alternative – riesige Tagebaue in Chile oder Indonesien – findet er: „Lieber unten ein kleines Loch als oben ein großes.“ Zurück bleibt ein Schweizer Käse.
Zugpferd schwächelt
Ein Probegerät auf wissenschaftlichem Level soll 2026 fertig sein. Ab 2029 oder 2030 könnte der Abbau starten. Unsicher ist die weitere Förderung, da die Bundesregierung vor dem Auseinanderbrechen keinen Haushalt für 2025 verabschiedet hat. Das bisherige Projekt ist ausgelaufen.
Für ein Folgeprojekt wollte der Bund ursprünglich sieben Millionen Euro zuschießen. Insgesamt rechnet Sobczyk mit Kosten von 60 Millionen Euro Kosten, bis der Abbau in der Tiefsee starten kann. „Für Bergbauprojekte braucht man einen langen Atem“, betont er. Für den Geschäftsführer, der auch das Institut für Maschinenbau an der TU Bergakademie Freiberg leitet, ist es ein Herzensprojekt. Das Brot- und Buttergeschäft von Krebs & Aulich ist aber ein anderes: „Bei Prüfstandmotoren sind wir Weltmarktführer“, sagt Sobczyk. Die Maschinen machen 80 Prozent des Umsatzes aus. Automobilhersteller weltweit setzten auf diese Technik, um ihre Fahrzeuge zu testen.
Das Unternehmen, das 1997 in einem Bauernhof im Harz gegründet wurde, hat heute Büros in Detroit und Shanghai. Die Hälfte der Prüfstandmotoren gehen nach China. Insgesamt 130 Motoren stellen die 100 Mitarbeiter in diesem Jahr her. Um weniger abhängig von der schwächelnden deutschen Automobilindustrie zu sein, will Krebs & Aulich die Produktion verbreitern. Das Unternehmen sei in der Lage, kleine und komplizierte Antriebslösungen umzusetzen, sagt Sobczyk. Über die Entwicklungen aus dem Tiefseebergbau wolle man sich Maschinen für den Tiefbau als Marktsegment erschließen.
Dass die Automobilindustrie sang- und klanglos aus Deutschland verschwinde, glaubt der Geschäftsführer jedoch nicht. Besonders für das hochpreisige Segment sieht Sobczyk eine Zukunft. „Was am Standort Deutschland sicherlich nicht mehr funktioniert, ist eine Massenproduktion für den Rest der Welt. Dafür sind die Lohnstückkosten zu hoch“, sagt er. Zudem befinde sich die Welt in einem Handelskrieg, in dem insbesondere China und die USA mit Zöllen und Subventionen deutsche Unternehmen unter Druck setzten.
Wurzeln in der Region
In Deutschland bemängelt Sobczyk zähe bürokratische Strukturen und ein „politisches Zerreden von Elektrifizierung“. Deutlich wird das am ersten vollelektrischen Straßenkehrer, für den Krebs & Aulich die Motoren beisteuert. Die Nachfrage nach den Fahrzeugen, die teurer sind als vergleichbare Verbrennermodelle, hat sich schlechter entwickelt als geplant. Nur ein paar Dutzend hat Hersteller Hako bisher ausgeliefert. Sobczyk schüttelt den Kopf: „Wo könnte die Politik besser umsetzen, was sie fordert, als bei Kommunalfahrzeugen.“
Die Weiterentwicklung soll laut Martin Sobczyk immer in Wernigerode stattfinden. Beim Bau elektrischer Maschinen habe der Harz eine 80-jährige Tradition: „Das Bewusstsein in der Region ist da.“
Volodymyr Timtschischin bei der Montage eines Elektromotors der Firma Krebs & Aulich
Foto: Ben Kruse / Krebs & Aulich