Zukunftsland Sachsen-Anhalt
2025
Die Steinbearbeitungsmaschine hat Geschäftsführer Holger Schulz angeschafft, um sein Unternehmen breiter aufzustellen.
Foto: Andreas Stedtler
Innovatives handwerk
Die Steinbearbeitungsmaschine hat Geschäftsführer Holger Schulz angeschafft, um sein Unternehmen breiter aufzustellen.
Foto: Andreas Stedtler
Erfolg mit Drohnen, App und Stein-Chirurgie
Von Julius Lukas
Seit 1989 ist die Günter Schulz GmbH im Feuerungs- und Schornsteinbau aktiv.
Mit digitaler Technik erfindet sich die Firma aus Balgstädt aber immer wieder neu.
Das Sägeblatt, so groß wie ein Lkw-Rad, flutscht durch den Stein wie ein Messer durch Butter. Wasser spritzt zu allen Seiten des weißgefliesten Raums. Dann ist der Brocken geteilt. Der feine Schnitt sitzt genau. Nun schwebt die an einem Roboterarm befestigte Säge wie von Geisterhand gezogen durch die Luft und setzt an anderer Stelle wieder an. „Mit der Säge machen wir den groben Zuschnitt“, erklärt Holger Schulz. „Mit anderen Aufsätzen wie Fräsen oder Bohrern können wir anschließend auch noch sehr viel filigranere Arbeiten durchführen.“
Immer wieder neu erfinden
Man könnte es fast schon als Stein-Chirurgie bezeichnen, was die Maschine da in einer Kammer auf dem Gelände der Günter Schulz GmbH & Co. KG macht. Deren Geschäftsführer und Eigentümer in zweiter Generation ist Holger Schulz. Eigentlich ist seine Firma auf Feuerungs- und Schornsteinbau spezialisiert – also das Errichten und Erhalten von Schloten und Öfen. „Wir probieren aber auch, Innovationen regelmäßig Raum zu geben“, sagt der 49-jährige Unternehmenslenker. Deswegen erweitert und erfindet sich der Betrieb aus Balgstädt im Burgenlandkreis immer wieder neu – zuletzt vor allem mithilfe digitaler Technik.
Seinem Ursprung nach ist der Betrieb solides Handwerk. „1989 hat mein Vater die Firma gegründet“, erzählt Holger Schulz. Das habe er lange zuvor schon machen wollen. „Aber in der DDR war es ja kaum möglich, ein eigenes Unternehmen zu besitzen.“ Erst kurz vor dem Mauerfall habe sich die Gelegenheit dann ergeben, sein Vater sei damals schon 58 Jahre alt gewesen. Das Geschäft bestand lange Zeit im Bau, der Sanierung sowie Prüfung von Schornsteinen und industriellen Ofenanlagen. „Alle zwei Jahre müssen zum Beispiel Schornsteine ab drei Metern Höhe inspiziert werden“, erklärt Holger Schulz. Und solche Schlote gibt es noch tausendfach in Deutschland.
Um sie zu prüfen, müssen Mitarbeiter in hohe Höhen klettern. Dafür sind oft auch Kräne notwendig. „Um den Aufwand für uns und auch die Kosten für unsere Kunden zu reduzieren, haben wir deswegen vor einigen Jahren schon damit begonnen, Drohnen einzusetzen“, erzählt Bauingenieur Schulz. Die kleinen Flieger würden die Schornsteine umfliegen und Bilder machen. „Die Qualität ist schon sehr gut und aus den Aufnahmen machen wir dann 3D-Modelle und Schadensanalysen.“ Aktuell sind sogar Käfigdrohnen in Planung, die auch ins Innere der Kamine fliegen können, um dort nach Schäden zu schauen. „Das sind Bereiche, in die wir sonst nie einen so guten Einblick bekommen würden.“
Mit den Drohnen hat sich die Günter Schulz GmbH einen Wettbewerbsvorteil erarbeitet, weil nur noch wenige andere Firmen diesen Service anbieten. Allerdings: Die Inspektionen, auch wenn sie mit Flugunterstützung geschehen, gehören noch zum klassischen Tätigkeitsfeld des Handwerksbetriebs. Anders ist das bei der Steinbearbeitung, zu der die große Maschine mit Roboterarm, Fräse und Sägeblatt gehört. Die ist nämlich unter anderem Teil des firmeneigenen Onlineshops.
Unter „Schuba-Shop.com“ können feuerfeste Produkte aller Couleur bestellt werden. „Den Shop gibt es schon seit 2008“, erinnert sich Holger Schulz, der seit 2005 das Unternehmen führt. „Wir wurden immer wieder darauf angesprochen, dass es Produkte, die wir verwenden – zum Beispiel Schamottsteine – im normalen Handel, also im Baumarkt, nicht gibt.“ Ein Markt für solche feuerfesten Waren sei aber vorhanden. Über den Internetverkauf versuchen die Balgstädter ihn zu bedienen. „Am Anfang hielten uns alle für verrückt – immerhin wollten wir schwere Steine per Post verschicken.“ Auch der Hermes-Laden, zu dem sie die ersten Steinpakete brachten, sei wenig begeistert gewesen. „Aber wir haben nach und nach gelernt, wie wir die Waren geschickt und so vorteilhaft wie möglich packen – heute läuft das reibungslos.“
Seit 2008 habe der Shop sich dabei immer wieder verändert und angepasst. Zuletzt 2022, als auch die aktuelle Version des Steinkonfigurators an den Start ging. Damit können Kunden im Onlineshop ihre Steine nach ihren Vorstellungen gestalten – millimetergenau. Die Säge- und Fräsmaschine schneidet und raspelt die Steine dann exakt so zurecht, wie zuvor vom Auftraggeber festgelegt. „Den Konfigurator haben wir extra für uns entwickeln lassen“, sagt Holger Schulz. Die individualisierten Steine würden auch gut angenommen werden. „Gerade in Phasen wie jetzt, wo die Baubranche schwächelt, ist es gut, solche Standbeine zu haben.“
App gegen Bürokratie
Die Firma aus dem Burgenlandkreis geht neue Wege. Deutlich wird das auch beim aktuellsten Digitalisierungsprojekt des Unternehmens, einer Art Mitarbeiter-App. „Eigentlich wollten wir nur unsere Zeiterfassung effizienter machen“, sagt Holger Schulz. Allerdings sei das Handyprogramm dann nach und nach gewachsen, sodass nun auch Urlaubsanträge und Krankmeldungen eingereicht, Schichtpläne eingesehen und Bautagesberichte sowie Abnahmeprotokolle damit erstellt werden können.
Die App soll vor allem Zeit sparen und lästige Bürokratie verringern. „Wir haben Mitarbeiter aus drei verschiedenen Tarifverträgen im Unternehmen, die wiederum viele verschiedene Zulagen bekommen und mitunter auch im Ausland tätig sind – in Ägypten, Malaysia oder Saudi-Arabien zum Beispiel.“ Diese Komplexität beherrschbarer zu machen, ist das Ziel. „Wir hoffen, dass die App im ersten Halbjahr 2025 startet“, sagt Schulz. Und danach? „Noch ist nichts geplant“, so der Firmenchef. „Aber uns fällt schon etwas Neues ein.“
Steine zum Auskleiden von Feuerungsanlagen
Foto: F. Sander