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Nachgefragt

GWW-Geschäftsführer Christian Zeigermann auf einem Solar-Dach. Foto: A. Stedler

Zwei Drittel der Mieter nutzen Strom vom Dach

Vor einem Jahr montierte die Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode die ersten Solaranlagen auf kommunalen Hausdächern. Was wurde aus dem Projekt?

Der Leerstand in den Häusern der Gebäude- und Wohnungsbaugesellschaft Wernigerode (GWW) liegt gerade mal bei fünf Prozent. Damit ist die Stadt-Tochter nach Angaben von GWW-Geschäftsführer Christian Zeigermann unter den Top 6 der Wohnungsunternehmen im Lande. Das kommt aber nicht daher, dass die GWW nur Fachwerkwohnungen an Wernigerodes Marktplatz vermietet. Vielmehr ist die GWW Eigentümerin von 53 Plattenbaublocks. Da muss man sich etwas einfallen lassen, um das Wohnen hier attraktiv zu machen − und das tut die GWW. Mit Erfolg.

So hat das kommunale Unternehmen vor einem Jahr im Baugebiet „Stadtfeld“ den ersten Häuserblock mit Photovoltaikmodulen belegt. Die Stadtwerke investierten in dem gemeinsamen Projekt nach Angaben Zeigermanns für die 70-Kilowatt-Anlage 80.000 Euro. Ziel der GWW ist es, jedes Jahr mindestens drei Häuser energetisch zu sanieren und mit den dunkel schimmernden Platten zu belegen. Und in der Tat: Mittlerweile besitzen fünf Blöcke eine Photovoltaikanlage mit 650 Modulen und insgesamt 260 Kilowatt Spitzenleistung. 

Der Vorteil für die Mieter? Sie bezahlen in den sanierten Blöcken zwar eine höhere Miete, bekommen den Strom aber laut Zeigermann 10 bis 15 Prozent günstiger. „Wenn der Strompreis steigt, wird die Ersparnis natürlich größer“, sagt er. Etwa zwei Drittel der Mieter beteiligten sich an dem Sonnenstromprojekt. „Die merken“, sagt Zeigermann, „dass sich das rechnet. Ingo Kugenbuch

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Begannen im Mai 2022 im Fachkrankenhaus Uchtspringe als Pfleger: Arlene Amene, Jose Carlo Pontecha, Jushua Rodriguez und Juvelyn Dumadag (von links). Foto: A. Stedler

Viel gelernt, und noch viel mehr erreicht

Vor einem Jahr berichteten wir, dass in Uchtspringe in der Altmark erstmals Pfleger von den Philippinen zu arbeiten begannen. Was wurde aus dem Projekt?

Alle philippinischen Pflegeschüler sind noch an Bord und sehr zufrieden in ihren Krankenhäusern in Salzwedel und Uchtspringe. Seitdem Start hat sich viel getan. Vor allem beruflich.  

Das Heimweh obsiegte nicht. Trotz des strengen deutschen Winters. Andererseits: Zum ersten Mal Schnee zu sehen, war ja eines der erklärten Ziele der vier jungen Leute, die sich auf das Abenteuer in Deutschland einließen. Das konnten sie schon mal als erledigt verbuchen.   

Aber auch beruflich hat sich in den vergangenen zwölf Monaten viel getan. In Deutschland angekommen, war ein berufsbegleitender Kurs notwendig, um ihren Wissensstand dem deutschen Ausbildungsniveau des Pflegeberufes anzugleichen. Heute sind Arlene Amene, Jose Carlo Pontecha, Jushua Rodriguez und Juvelyn Dumadag schon fest in die Tagesabläufe eingebunden. Im Juni haben sie glücklich und stolz ihre Bescheinigungen über die staatliche Kenntnisprüfung in der Gesundheits - und Krankenpflege entgegengenommen. Damit sind sie der endgültigen Anerkennung in Deutschland einen großen Schritt näher gekommen. Das Landesverwaltungsamt hat der beantragten Anerkennung ebenso zugestimmt, damit steht der Ausübung des Pflegeberufes nichts mehr im Weg. Verschweigen wollen sie allerdings nicht, dass dafür auch eine Menge Zeit zum Lernen draufging. „Dieser Abschluss ist ein großer Baustein für ihre Anerkennung zur qualifizierten Berufsausübung in Deutschland. Sie haben dafür sehr viel geleistet und entbehrt“, sagt Kirsten Dobbert, Leiterin der Pflegeschule des Altmark-Klinikums.

Im Rahmen der einjährigen Kursvorbereitung hat die Pflegeschule in Zusammenarbeit mit den zentralen Praxisanleitern die Absolventen zur Prüfung in Theorie und Praxis maßgeblich unterstützt. „Nicht zu vergessen sind die dezentralen Praxisanleitungen, die Mentoren, Paten und natürlich alle weiteren Kollegen, die mit ihnen täglich im Team den Klinikalltag trotz der Doppelbelastung absolviert haben“, so die Schulleiterin. Dabei lebten sie sich insgesamt immer besser ein. Das merkt man besonders an den Sprachkenntnissen: „Die anfänglichen sprachlichen Hürden wurden mit der Zeit immer kleiner“, sagt auch die Pflegeschulleiterin.  Antonius Wollmann

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Melanie Käsmarker ist Geschäftsführerin der Wacker Biotech GmbH auf dem halleschen Weinberg Campus. Foto: A. Stedler

Künftige Helfer bei vielen Krankheiten

Vor einem Jahr berichteten wir darüber, dass in Halle der Bau  einer Anlage zur Produktion von Wirkstoffen gegen diverse Krankheiten begonnen hatte. Was wurde daraus?

Melanie Käsmarker zeigt im Besprechungsraum der Wacker Biotech GmbH in Halle auf eine durchsichtige Säule aus Plastik, die zur Hälfte mit tennisballgroßen Kugeln gefüllt ist.

Es handelt sich um eine To-do-Liste der besonderen Art: Auf jeder Kugel steht eine Aufgabe, die noch in Angriff genommen werden muss. Beispielsweise „Fertigstellung der Reinräume“, „Datennetz“ oder „Training der Mitarbeiter“. Es ist also noch einiges zu tun. Doch es wurden auch schon viele Kugeln aus der Säule genommen. „Ich bin sehr stolz auf das gesamte Team. Wir liegen komplett im Zeitplan“, sagt Melanie Käsmarker. Sie ist die Geschäftsführerin der Wacker Biotech GmbH.

Seit Juli 2022 baut der Chemiekonzern Wacker seinen Biotech-Standort im Technologiepark Weinberg Campus in Halle für einen dreistelligen Millionenbetrag zum „mRNA-Kompetenzzentrum“ aus. Während der Corona-Pandemie entwickelten mehrere Biotechunternehmen Vakzine gegen das SARS-CoV-2-Virus, dessen wesentlicher Bestandteil die Boten-Ribonukleinsäure mRNA ist. mRNA-Therapeutika könnten bald auch bei der Behandlung andere Krankheiten eingesetzt werden, etwa bei Infektions- oder Autoimmunerkrankungen oder in der Krebs-Therapie. Die Aufgabenverteilung ist klar: Pharmafirmen entwickeln die mRNA-Wirkstoffe, Wacker Biotech in Halle stellt sie in großem Stil her. Ein Vertragspartner ist bekannt: Wacker Biotech stellt für den Bund im Falle einer neuen Pandemie bis zu 80 Millionen mRNA-Impfdosen pro Jahr her. „Dazu haben wir unsere Produktionskapazitäten so konzipiert, dass sie sehr flexibel eingesetzt werden können“, erläutert Melanie Käsmarker. „Nachdem wir an unseren ausländischen Standorten bereits mit dieser Zukunftstechnologie arbeiten, steigen wir nun in Halle in besonderer Größendimension ein.“

Derzeit sind täglich über 300 Personen von mehr als 60 unterschiedlichen Firmen in und an der Baustelle aktiv. 2024 soll alles fertig sein. Viele Arbeiten laufen parallel. So habe man in den unteren Geschossen bereits mit dem Einbau technischer Anlagen begonnen, während in den oberen noch gebaut wurde. Bislang habe Wacker rund 100 neue Mitarbeiter eingestellt. Für sie und die bestehende Belegschaft sei ein Ausbildungsprogramm für die Arbeit in der Produktion entwickelt worden. „Das Training erfolgt unter anderem mit Virtual Reality Technik.“ Walter Zöller

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Jan Klemme (links) und Andreas Müller, Geschäftsführer des Digitalen Anwendungszentrums der Uni Magdeburg. Foto: A. Stedler

Galileo macht den Verkehr flüssiger

Vor einem Jahr berichteten  wir darüber, dass man an der Universität Magdeburg damit begonnen hatte, ein neuartiges Verkehrsleitsystem zu entwickeln. Was wurde daraus?

Wenn die Staumeldung kommt, ist es oft zu spät. Wissenschaftler des Digitalen Anwendungszentrums der Uni Magdeburg entwickeln  ein System, das den Verkehr flüssiger macht.

Das Leitsystem Galileo erfasst Informationen über Staus und Behinderungen blitzschnell, errechnet Umfahrungen und übermittelt die Daten direkt ins Auto-Navi funkt. Magdeburg sollte 2023 die erste deutsche Stadt sein, die dieses System mit dem Namen „TF Urban MD“ anbietet. Die Technik dafür ist mittlerweile in der Stadt fast vollständig installiert – doch noch funkt es nicht. „Stadt und Land wollen die neue Technologie – doch es gibt noch einige Hürden“, sagt Andreas Müller, Leiter des Entwicklerteams und Geschäftsführer des Digitalen Anwendungszentrums. Außerdem verzögerten Lieferengpässe bei Halbleitern den Aufbau der Technik. „Noch haben wir aber einen Vorsprung vor anderen Städten“, sagt Müller.  

Das technische Herz sind an Ampeln installierte Boxen mit ultraschnellem W-Lan. Diese erfassen präzise, ob und wie stark es sich staut. Müllers Team hat das System mittlerweile auf Schönebeck erweitert, so dass ein Großraum an der Elbe erfasst werden kann. 

Mit der neuen Technologie soll zudem der Verkehr an Kreuzungen flüssiger werden. Oft staut es sich, da Ampeln zu früh oder zu spät auf Grün wechseln. Mit Hilfe des ultraschnellen Netzes misst künftig die smarte Ampel das Verkehrsaufkommen und kann die Grünphase bedarfsgerecht einige Sekunden verlängern. „Daran arbeiten wir gerade“, sagt Müller. 

Und was sagt Magdeburg? „Wir finden das neue System sehr gut“, sagt der für Verkehr und Bauen zuständige Beigeordnete Jörg Rehbaum. „Es liefert uns wichtige Daten.“ Doch diese seien derzeit erst begrenzt nutzbar. Für die große Lösung benötige Magdeburg zunächst eine moderne Verkehrsleitzentrale, die diese Daten in Gänze auch verarbeiten kann, sagt Rehbaum. Magdeburg will dafür zunächst eine neue Rettungswache bauen – dort wird die Verkehrsleitzentrale integriert. Erst dann gibt es den vollen Service: superschnelle Informationen an die Autofahrer, intelligente Ampelschaltung, bessere Taktung von Straßenbahn und Bus. 

Bis dahin werden noch einige Jahre ins Land gehen. Angepeilte Fertigstellung? „2027 ist das Ziel“, sagt Jörg Rehbaum. Jens Schmidt

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Christoph Schneeweiß (27) aus Dessau engagiert sich mit seiner Firma auf ungewöhnliche Weise in der Altenpflege. Foto: A. Stedler

Riesen-Tablet öffnet Älteren digitale Welt 

Vor einem Jahr berichteten wir darüber, dass in Dessau ein  junger Unternehmer  ein großes Tablet für Bewohner von  Pflegeheimen entwickelt hatte. Was wurde daraus?

2020  wurde zum ersten Mal ein „Care Table“ aus Dessau an eine Pflegeeinrichtung ausgeliefert. Es ist eine kleine Erfolgsgeschichte, doch die Zeiten werden schwieriger.

 „Dieses Jahr war das stressigste Jahr, ich habe ein paar graue Haare mehr“, sagt Firmengründer Christoph Schneeweiß. „Die Pflegebranche kämpft. Und es wird dreimal überlegt, ob in Heimen etwas Zusätzliches angeschafft wird.“ So etwas wie einen „Care Table“ (zu Deutsch etwa: „Pflegetisch“) zum Beispiel. Die Erfindung stammt aus Dessau-Roßlau und ist deutschlandweit in Pflegeeinrichtungen im Einsatz. Der digitale Aktivitätstisch sieht aus wie ein überdimensionales Tablet. Senioren können sich Medien anzeigen lassen, Spiele und Übungen auswählen oder mit ihren Lebenserinnerungen arbeiten. 

Es war eine  Idee zur richtigen Zeit: Auch in der Pflegebranche wird Digitalisierung wichtiger. Seit der ersten Auslieferung 2020 haben über 700 Einrichtungen einen Care Table bestellt. Auch nach Österreich und in die Schweiz wird geliefert. 13 Mitarbeiter hat das Unternehmen, das Schneeweiß mit einem Partner gründete. „Wir wachsen, aber nicht so stark wie geplant“, sagt der 27-Jährige. Doch der Oktober hat wieder neuen Auftrieb gegeben. „Es war der  bislang stärkste Monat in der Firmengeschichte. Weil viele Heime am Ende des Jahres doch noch Budgets übrig haben.“ Der Pflegetisch entstand über ein Projekt der Uni Halle, in Dessau wurde  ein Prototyp gebaut. Der lief so gut, dass daraus ein Geschäft wurde.  „Wir sind da ziemlich hemdsärmelig rein und hatten  keine Ahnung, aber wir kannten uns mit Technik aus.“ Es entstand eine kleine Erfolgsgeschichte, die auch eine von  Strapazen ist. „Selbstständigkeit ist nichts Planbares, es gibt Kurven nach oben und unten. Das wusste ich.“ Angestellt zu sein, käme aber nicht in Frage. Er will selbst etwas schaffen – wie in seiner Familie sein Großvater und Vater. 

Und doch weiß auch er, dass die Kraft endlich ist. „Ein paar Aufgaben habe ich schon abgegeben.“ Nun hat er sich noch ein weiteres Feld gesucht: In seinem Podcast „Pflege digital“ geht es um die Digitalisierung in der Pflege, dafür lädt er sich Experten ein, die zum Thema Auskunft geben. Positiv bleiben, das ist Schneeweiß’ Einstellung. Er habe ein Grundvertrauen ins Produkt, „eine tolle Lebensgefährtin, Hund Rudi und ich machen viel Sport. So tanke ich Kraft. Es gibt noch viel zu tun.“ Lisa Garn

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