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Strukturwandel

Wie wollen wir leben? 29 junge Visionäre entwarfen in Halle in der Zukunftswerkstatt der Wissenschaftsakademie Leopoldina den idealen Landkreis des Jahres 2070. Entwickelt wurden Ideen für ein nachhaltiges Leben auf begrenztem Land. Das Besondere:  Sie präsentierten in einer  sogenannten Graphic Novel (oben und unten ein Beispiel) ihre Visionen. Illustrationen: Kathleen Uebigau, Sterntaucher Filmproduktion

Denkfabrik für neue Wege

Von Matthias Müller

Vielleicht wird es ein bislang  ungenutzter Ort in Zeitz sein, an dem junge Forscher  der Uni Halle künftig die perfekten Räume für ihr Start-up finden. Oder doch auf dem Land, im Saalekreis. „Es gibt noch so viele spannende Ecken hier zu entdecken“, sagt Jonathan Everts. Und ein neues Forschungs- und Innovationszentrum in Halle soll unter anderem dafür sorgen, dass diese Orte  wirklich von Menschen gefunden werden, die dann eine echte Perspektive zum Bleiben im Land haben.


Dies ist aber nur einer der vielen Aspekte, mit denen sich das „European Center for Just Transition Research and Impact-Driven Transfer“ (JTC) an der Martin-Luther-Universität (MLU) beschäftigt. 21,5 Millionen Euro hat die Landesregierung dafür aus dem von der EU gespeisten „Fonds für einen gerechten Übergang“ zur Verfügung gestellt. Das ist eine der höchsten Einzelförderungen, die man an der größten Hochschule des Landes je erhalten hat. Ziel sei es, forschungsbasierte Lösungen für den Strukturwandel zu entwickeln, etwa im Bereich der Kreislaufwirtschaft oder sozialer Innovationen.


Doch  was sind die genauen Pläne? Dafür muss man zunächst etwas länger ausholen: Vor rund vier Jahren bereits wurde an der MLU das Institut für Strukturwandel und Nachhaltigkeit (HALIS) ins Leben gerufen – vom Verein Pro Halle und der Uni zunächst gemeinsam finanziert. Eine ungewöhnliche Kombination. Und eine, in die verschiedene Akteure viel Herzblut und Arbeit gesteckt haben, um Wissenschaftler aus unterschiedlichen Disziplinen untereinander und sie und ihre Expertise in der Region zu vernetzen. Mit Erfolg. „Ohne dieses Institut würde es jetzt das JTC nicht geben“, ist sich Christian Tietje sicher. Der Jurist und ehemalige MLU-Rektor hat gemeinsam mit seinen Professorenkollegen Jonathan Everts (Humangeopraphie) und Ralf Wehrspohn (Physik) den Antrag für das neue Just Transition Center gestellt. Schon dieses Trio lässt erkennen, worauf das JTC ausgelegt ist: interdisziplinäres Arbeiten. Das Wort „just“ im Namen des neuen Zentrums, zu Deutsch „gerecht“, sei in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung, so Tietje. „Strukturwandel ist nicht nur Wandel der Technologie, sondern auch der soziale Wandel und die soziale Gerechtigkeit.“


17 Innovationsteams gibt es daher am JTC, mit jeweils speziellem Fokus: der sozialwissenschaftlichen Transformations- und Nachhaltigkeitsforschung, der Forschung zu nachhaltigen Werkstoffen und Technologien sowie der Forschung zu juristischen Fragestellungen und Bildungsangeboten zur Nachhaltigkeit. 


Im Detail geht es um so unterschiedliche Aspekte wie etwa Designerproteine, Photovoltaik und die Internationalisierung der Wirtschaft in Sachsen-Anhalt. Die Teams mit einer Sollstärke von insgesamt 60 Mitarbeitern  sollen sich regelmäßig austauschen und auch auf Kontakte aufbauen, die durch das HALIS  geknüpft wurden. Die Kernfrage im JTC mit seinen zwei Standorten am Weinberg/Heidecampus und in der Innenstadt ist: Wie unterstützt man eine Region, die unter einem ganz besonderen Transformationsdruck steht – und wie kann man die Menschen hier auf diesem Weg mitnehmen?

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"Strukturwandel ist nicht nur Wandel der Technologie, sondern auch sozialer Wandel."

Christian Tietje, Jurist Universität Halle
Foto: MZ

Es geht dabei um ein Gebiet, das als Mitteldeutsches Revier – in Sachsen-Anhalt mit den Landkreisen Anhalt-Bitterfeld, Mansfeld-Südharz, Burgenlandkreis, Saalekreis sowie der kreisfreien Stadt Halle – lange Zeit vom Braunkohleabbau geprägt wurde und teils noch wird. Das nun schon seit Jahrzehnten im Strukturwandel steckt und mit dem deutschen Kohleausstieg, spätestens 2038, einen weiteren Umbruch bewältigen muss. Und wo es zudem noch ein spezielles demografisches Problem gebe, wie Everts anmerkt: „Wir stehen nicht nur vor der Frage, wie wir den Wandel in der Region sozial gerecht gestalten können. Wir müssen auch überlegen: Wie halten wir Menschen überhaupt hier oder sorgen für Zuwanderung?“

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Ausschnitt aus einer Seite der Graphic Novel
 der  Leopoldina-Zukunftswerkstatt.

Auch an der Uni Halle sehe man sich oft mit dieser Fragestellung konfrontiert. Hier gebe es eine topausgebildete Generation zwischen 30 und 40, die  vor der Entscheidung stehe, im Unisystem zu bleiben oder es zu verlassen. „Viele davon gehen dann für die Region und Sachsen-Anhalt verloren“, sagt Everts. Auch hier solle das JTC eine Struktur schaffen, die solchen  Leuten Bedingungen zur Forschung und zur Weiterqualifizierung biete – und womöglich  zum Aufbau eines zweiten Standbeins in der Region, als Gründer. „Der Transfer in die Praxis wird hier vom ersten Tag an mitbegleitet.“ Dabei hat man nicht nur Halle im Blick. Vier  Revierscouts des JTC sollen in den einbezogenen Landkreisen sitzen, mit Behörden und Unternehmen im Austausch sein – und auch nach geeigneten Räumen für Projekte und Ausgründungen Ausschau halten, um direkt vor Ort neue Jobs schaffen zu können. „Wir wollen als Universität jungen Menschen mit der Förderung stärker in die Region bringen“, ergänzt Tietje.

Bis Anfang 2028 läuft die JTC-Förderung. Aber man wolle schon jetzt langfristiger denken und neben den Herausforderungen vor allem auch die Möglichkeiten für das Land herausstellen, betont Christian Tietje weiter. „Forschung, Wissenschaft und Bildung, hier liegt viel Potenzial für Sachsen-Anhalt.“ 


Das bekräftigt      auch Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD). Seit langem stehe das  Mitteldeutsche Revier  beispielhaft für wirtschaftliche Transformation. Mit dem Ende von Braunkohleabbau und Kohleverstromung im  kommenden Jahrzehnt stehe   ein weiterer Umbruch an. Das JTC könne  vor diesem Hintergrund einen wichtigen Beitrag leisten. „Ob in der Chemie, Bioökonomie oder beim Aufbau der grünen Wasserstoffwirtschaft – das Zukunftspotenzial im Revier ist enorm. Wir müssen es in den nächsten Jahren konsequent gemeinsam ausschöpfen.“ 

 

Mehr zum Forschungszentrum unter strukturwandel.uni-halle.de/jtc

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