Zukunftsland Sachsen-Anhalt
2025
Cornelia Müller-Pagel verantwortet den Bereich Grüne Gase beim Leipziger Gaskonzern VNG und ist Geschäftsführerin der Elektrolyse Mitteldeutschland GmbH. Hier steht sie im Windpark in Bad Lauchstädt auf der Baustelle der künftigen Elektrolyseanlage, die in einer 70 Meter langen Halle arbeiten wird.
Foto: Andreas Stedtler
Klimaschutz
Cornelia Müller-Pagel verantwortet den Bereich Grüne Gase beim Leipziger Gaskonzern VNG und ist Geschäftsführerin der Elektrolyse Mitteldeutschland GmbH. Hier steht sie im Windpark in Bad Lauchstädt auf der Baustelle der künftigen Elektrolyseanlage, die in einer 70 Meter langen Halle arbeiten wird. Foto: Andreas Stedtler
Bald Start für grünen Wasserstoff
Cornelia Müller-Pagel verantwortet den Bereich Grüne Gase beim Leipziger Gaskonzern VNG und ist Geschäftsführerin der Elektrolyse Mitteldeutschland GmbH. Hier steht sie im Windpark in Bad Lauchstädt auf der Baustelle der künftigen Elektrolyseanlage, die in einer 70 Meter langen Halle arbeiten wird. Foto: Andreas Stedtler
Von Robert BriesT
Der Energiepark Bad Lauchstädt existiert als Idee und Planung seit Jahren. Nun nimmt er baulich Formen an. 2025 soll das Reallabor erstes Gas für die Chemie liefern.
Jetzt wird es greifbar. „Erst war hier nichts, dann kamen die Gebäude, jetzt kommt die Technik“, erklärt Cornelia Müller-Pagel. Sie ist nicht nur Verantwortliche für Grüne Gase beim Leipziger Gaskonzern VNG, sondern auch die Geschäftsführerin der Elektrolyse Mitteldeutschland GmbH. So nennt sich das Konsortium aus VNG, Uniper, Gasnetzbetreiber Ontras und weiteren Partnern, das den Energiepark Bad Lauchstädt entwickelt und später betreiben will. Der ist ein über 140 Millionen Euro teures, vom Bund unterstütztes Reallabor, mit dem einer der größten Hoffnungsträger der Energiewende aus allen Richtungen erprobt werden soll: grüner Wasserstoff.
Das Gas, das auch ein wichtiger Rohstoff für die Chemie ist, wird bisher in Deutschland vor allem aus Erdgas gewonnen. Unter grünem Wasserstoff versteht man nun die klimaneutral produzierte Version, mit am Ende aber gleichen Eigenschaften. Ein mit Ökostrom betriebener Elektrolyseur spaltet Wasser in Sauer- und Wasserstoff auf. So soll es im Prinzip auch im Energiepark passieren, in dem Energiegewinnung, Produktion, Aufbereitung und Speicherung des Wasserstoffs in industriellen Größenordnungen getestet werden.
Die Technik zieht ein
Mittlerweile ist aus der Idee an der Landstraße von Teutschenthal nach Bad Lauchstädt etwas Sichtbares geworden. „Innerhalb einer Woche verändert sich hier viel. Es geht jetzt alles sehr schnell“, sagt Müller-Pagel. Sie steht mit Helm, leuchtender Arbeitsjacke und Bauleiter Christopher Schoop in der Halle, in der künftig die Elektrolyseure ihren Platz finden.
Deren Ausmaße würden einer kleinen Werft zur Ehre gereichen. 14 Meter hoch, 70 Meter lang. Unter der Decke ist ein Laufkran befestigt. Arbeiter bereiten in einer Vertiefung in der Mitte der Halle gerade die Sockel für die Stacks vor. So werden hier die Elektrolyseure genannt, die im Januar vom Dresdener Hersteller Sunfire erwartet werden. Sie stehen künftig nebeneinander. Jeder hat eine Leistung von zehn Megawatt – zusammen kommt der Energiepark so also auf 30 Megawatt.
Diese Modulbauweise ist derzeit typisch für Elektrolyseurprojekte. Für höhere Leistungen werden bei Projekten einfach mehrere Anlagen nebeneinander gestellt. Skalierungseffekte, wie sie in der Chemie üblich sind, also dass mit fortschreitender Technik größere Einheiten effizienter und kostengünstiger arbeiten können, erwartet Müller-Pagel kurzfristig eher bei den Nebenanlagen.
Die stehen für den Energiepark bereits teilweise in den umliegenden quaderförmigen Gebäuden, die allesamt eine dunkelblau gestreifte Fassade erhalten. Schoop zeigt einen Raum, deren Mitte eine Anlage mit dicken weißen Röhren füllt. „Das ist die Osmoseanlage.“ Hier wird künftig das Leitungswasser komplett entsalzt, bevor es in den Elektrolyseuren zum Einsatz kommt. Nebenan steht auf dem Gelände ein großes Metallgerüst mit Metallringen, die an das Ende von Flugzeugturbinen erinnern: „Da kommen noch Wärmetauscher drauf“, erläutert der Bauleiter. Es handele sich um die Luftkühlung.
Hinter dem Bauzaun rund um das Autobahndreieck Halle-Süd drehen sich bereits die acht vom Projektpartner Terrawatt errichteten Windräder. 120 beziehungsweise 166 Meter hoch. Sie speisen derzeit ins Stromnetz ein, sollen künftig aber vor allem die Energie für die Elektrolyseure liefern.
30
MEGAWATT Leistung haben die drei Elektrolyseure für die Produktion von grünem Wasserstoff, die im Januar in den Energiepark kommen, zusammen.
Erster Kunde: Raffinerie
„Unser Plan ist, Mitte kommenden Jahres mit der Inbetriebnahme zu starten“, blick Müller-Pagel voraus. „Dafür haben wir ein halbes Jahr eingeplant, so dass wir Ende 2025 in den Regelbetrieb gehen können.“ Und dann grünen Wasserstoff liefern können.
Darauf wartet man 20 Kilometer südlich, in Leuna, bereits. Die Raffinerie von TotalEnergies ist der erste Kunde des Energieparks und hat auf ihrem angestrebten Weg zu einer emissionsärmeren Zukunft – bis Ende des Jahrzehnts will sie ihren Kohlendioxid – Abdruck halbieren – einen enormen Bedarf an grünem Wasserstoff. Die Mengen, die nun anfänglich aus Bad Lauchstädt kommen, werden weniger als fünf Prozent davon decken können.
Doch die einstige Erdgasleistung, die Projektpartner Ontras nun im Zuge des Reallabors als Transportstrecke zwischen Energiepark und Raffinerie auf Wasserstoff umgerüstet hat, soll nur der Anfang sein. Der Netzbetreiber erhielt zuletzt vom Bund einen Förderbescheid über 157 Millionen Euro für das Vorhaben „Green Octopus“. Das ist eine durch Umwidmung und Neubau geschaffene Wasserstofftrasse von Leipzig über den Chemiestandort Leuna, Magdeburg bis zur Stahlindustrie in Salzgitter. Über andere Projekte sollen Anschlüsse bis an die Häfen der Ost- und Nordsee entstehen.
Ein Speicher am Netzknoten
Bad Lauchstädt wird ein wichtiger Knoten in diesem Wasserstoffkernnetz. Das liegt auch an der geplanten Phase zwei, in der dann die Speicherung in einer unterirdischen Kaverne erprobt wird. „Wir sind dafür jetzt in der Vorkonzeptionierung und arbeiten in den nächsten Monaten auf eine finale Investitionsentscheidung hin“, berichtet Müller-Pagel. Bis dann wirklich Wasserstoff in dem Hohlraum, der etwa zwei Mal das Völkerschlachtdenkmal fassen könnte, gespeichert wird, würden noch mal ein paar wenige Jahre vergehen.
Doch erstmal geht es darum, Elektrolyseure und Produktion zum Laufen zu bringen. Die Geschäftsführerin ist da optimistisch: „Zuletzt konnte man angesichts mancher Meldungen ja denken, dass beim Wasserstoffhochlauf gerade moll ist.“ Aber ihre Wahrnehmung sei auch mit Blick auf andere Projekte gegenteilig: „In Summe geht es jetzt los.“