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medizintechnik

Stefan Röll, Geschäftsführer der Magedeburger Firma Neoscan. Sein Unternehmen baut das stärkste MRT.

Stefan Röll, Geschäftsführer der Magedeburger Firma Neoscan. Sein Unternehmen baut das stärkste MRT.

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Teil eines MRT für die Behandlung von Kindern.

Neue Diagnosemöglichkeiten

Als nächstes kümmern sich die Magdeburger um die Erwachsenen. Sie bauen den Magneten für ein 14-Tesla-Gerät - das weltweit stärkste MRT-Gerät in der Humanmedizin. Auftraggeber ist ein Forscher-Konsortium in den Niederlanden. Neoscan bekam mit seiner HTS-Technologie nach einem Bieterverfahren im September den Zuschlag. 

Bei einer Feldstärke von 14 Tesla eröffnen sich für die Diagnose neue Möglichkeiten, Ärzte können tiefer denn je in den Menschen schauen. „Es wird  möglich sein, dem Hirn beim Denken zuzuschauen“, sagt Stefan Röll. „Dieses MRT kann auch bei allen Formen der Demenzerkrankungen oder der Epilepsie eingesetzt werden.“ Die Investition ist beträchtlich. Ein Meter HTS-Draht kostet 30 Euro - für ein 14-Tesla-MRT benötigt Neoscan 500 Kilometer davon. Kostenpunkt: 15 Millionen Euro.

14 Tesla sind derzeit MRT-Weltrekord. Wie geht es weiter? „Eventuell könnte man sich noch an 20 Tesla heranwagen“, sagt Röll. Aber wahrscheinlich nähere man sich mit 14 Tesla dem Limit in der Humanmedizin. Bei höheren Feldstärken könnten Patienten „seekrank“ werden. „Starke Magnetfelder wirken auf unsere Gleichgewichtsorgane.“

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GRAD MUSS DIE Temperatur betragen, wenn der Strom durch die Supraleiter des MRT fließt, sonst würde jeder Draht sofort verglühen.

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GRAD MUSS DIE Temperatur betragen, wenn der Strom durch die Supraleiter des MRT fließt, sonst würde jeder Draht sofort verglühen.

Hightech und Handarbeit

In der Neoscan-Werkstatt wickeln Techniker den Super-Draht zu Magnetspulen. Trotz Hightech – ohne Handarbeit geht es nicht. Fließt durch diese Spulen später ein Starkstrom, entsteht ein Magnetfeld – und damit die physikalische  Basis für jenes Bild-Wunder, das es Radiologen ermöglicht, kleinste Veränderungen in Gefäßen, Sehnen und Nervensträngen zu entdecken. Damit das aber funktioniert, muss der Draht in den Spulen auf extreme Temperaturen heruntergekühlt werden. Andernfalls würde der Starkstrom jeden Draht in Sekundenschnelle zum Verglühen bringen. Der HTS-Draht muss auf acht Kelvin heruntergekühlt werden. Das sind minus 265 Grad Celsius, eine Temperatur, wie sie im Weltall herrscht. „Doch herkömmliche Drähte müssen sogar auf minus 270 Grad gekühlt werden“, sagt Claudia Beck. Jedes Grad macht viel aus. Dank HTS benötigt das Neoscan-MRT weniger Strom, weniger Platz und kein teures Helium zum Kühlen mehr. Das Magdeburger MRT ist laut Neoscan auch deutlich besser abgeschirmt, so dass es praktisch in jeder Kinderklinik aufgestellt werden kann. Zudem sei es wesentlich leiser - Mediziner hoffen, Babys öfter ohne Narkose untersuchen zu können.

Gefragtes Gerät in Kliniken

Neoscan arbeitet in einem sanierten Backstein-Speicher des ehemaligen Magdeburger Handelshafens. Managerin Claudia Beck sitzt im Besprechungsraum und hält ein orangefarbenes Stückchen Flachdraht zwischen ihren Fingern. Ein Draht aus Bismut, Strontium, Calcium und Kupferoxid in einer Silberkeramik. Dieses kleine Ding macht den großen Unterschied. Der so genannte Hochtemperatur-Supraleiter-Draht, kurz HTS, ermöglicht es, wesentlich kompaktere und energiesparendere MRT-Geräte zu bauen als bislang. „Das sieht so simpel aus, aber solch einen Draht in dieser Qualität können weltweit erst wenige Hersteller liefern“, sagt sie. Einer sitzt in Japan, ein weiterer in Deutschland.

Und diesen HTS-Draht zu einer Spule zu wickeln - das können auch nur wenige. „HTS-Draht ist fragil, brüchig - ihn zu verarbeiten ist nicht einfach.“, sagt Neoscan-Geschäftsführer Stefan Röll. „Soweit ich es überblicke, sind wir weltweit die ersten und einzigen, die mit der HTS-Technologie MRT-Geräte für die Humanmedizin bauen. Wir sind Vorreiter.“ Stefan Röll ist der Kopf des Unternehmens. Der Physiker beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der MRT-Technik und arbeitete lange bei Siemens. „Nach fast 20 Jahren wollte ich etwas Neues ausprobieren“, erzählt er. „Ich hatte mich in ganz Europa umgeschaut.“ Dann traf er den Magdeburger Professor Georg Rose. Rose leitet den Forschungscampus „Stimulate“ an der Uni Magdeburg, der auf dem Feld der bildgebenden Medizintechnik forscht. Beide waren sich einig, dass es für Kinder etwas Besseres geben müsste.

 

Die Vorzüge der HTS-Technologie wurden in der Fachwelt zwar schon lange diskutiert - doch sie war den etablierten Großherstellern zu teuer. Doch was wäre, wenn ein neues, kleines Unternehmen, sich ganz darauf spezialisiert? Rose machte Röll mit dem Unternehmer und Getec-Chef Karl Gerhold bekannt - der war begeistert, öffnete seine Schatulle und beteiligte sich mit einem Millionenbetrag. Später kam noch Regicom-Chef Klemens Gutmann als weiterer Kapitalgeber hinzu, „So kam eins zum anderen“, erinnert sich Röll. 2017 wurde das Start Up „Neoscan Solutions“ in Magdeburg aus der Taufe gehoben. Sechs Jahre später ist das neuartige Kinder-MRT mit HTS-Technologie in Europa zugelassen. Die Kinderkliniken an den Unis in Magdeburg und Halle stehen an, um eines zu bestellen. Die Uni Hannover hat geordert.

Die Magdeburger Firma Neoscan baut den größten Magnetresonanz-Tomographen der  Welt und arbeitet an einem speziellen MRT  für die Behandlung von Kindern. 

Ob Blutgerinnsel, Kreuzbandrisse, Tumore: Die Magnetresonanztomographie, kurz MRT, liefert beste Bilder. Jedes Jahr kommen Tausende in die Röhre. Was bei Erwachsenen zumeist routiniert abläuft, wird bei kleinsten Patienten schnell zum Problem. MRT-Geräte sind tonnenschwere Röhren und finden in Kinderkliniken selten Platz. Zumeist steht die Technik fernab in radiologischen Abteilungen. Beispiel Magdeburg: Zwischen der Landesfrauenklinik und der MRT-Radiologie der Uni liegen drei Kilometer. Ein schwer krankes Baby von einer Klinik zur nächsten zu transportieren, ist oft heikel.  Daher wird bei den Kleinsten oft auf die präzisen Bilder eines MRT verzichtet. Das soll sich bald ändern.

Beim Denken zuschauen

Von Jens Schmidt

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