Zukunftsland Sachsen-Anhalt
2026



Olaf Deter ist der Chef der SET-Werft Tangermünde, hinter ihm ein Forschungsschiff für die Erkundung des Meeresbodens.
Foto: Andreas Stedtler
Mittelstand
Olaf Deter ist der Chef der SET-Werft Tangermünde, hinter ihm ein Forschungsschiff für die Erkundung des Meeresbodens.
Foto: Andreas Stedtler
Mit Strom über Flüsse und Seen
Von Antonius Wollmann
Die Werft SET in Tangermünde und Genthin baut immer mehr Flussschiffe und Fähren mit alternativen Antrieben.
Tangermünde gilt als Schmuckstück der Altmark. Einheimische und Touristen gleichermaßen erfreuen sich an der historischen Altstadt mit der gut erhaltenen Stadtmauer und den vielen Fachwerkhäusern. Im Sommer bevölkern die Radtouristen, die auf dem Elberadweg unterwegs sind, die vielen Cafés und Restaurants. In der Adventszeit lockt der Weihnachtsmarkt mit einer einmaligen Atmosphäre. Was weniger bekannt ist: Die kleine Stadt im Norden Sachsen-Anhalts blickt auch auf eine reichhaltige Industriegeschichte zurück.
Tangermünde gilt als Schmuckstück der Altmark. Einheimische und Touristen gleichermaßen erfreuen sich an der historischen Altstadt mit der gut erhaltenen Stadtmauer und den vielen Fachwerkhäusern. Im Sommer bevölkern die Radtouristen, die auf dem Elberadweg unterwegs sind, die vielen Cafés und Restaurants. In der Adventszeit lockt der Weihnachtsmarkt mit einer einmaligen Atmosphäre. Was weniger bekannt ist: Die kleine Stadt im Norden Sachsen-Anhalts blickt auch auf eine reichhaltige Industriegeschichte zurück.
Langjähriger Geschäftsführer
Im Norden der Stadt ist die Schiffbau-und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (SET) mit ihrer Werft beheimatet. Ein weiterer Standort befindet sich auf der östlichen Elbseite in Genthin (Jerichower Land). Etwa 100 Mitarbeiter beschäftigt SET an beiden Niederlassungen. Seit dem Jahr 2007 sind die beiden Werften Teil der Heinrich-Rönner-Gruppe aus Bremerhaven.
Wesentlich verantwortlich, dass das Unternehmen europaweit einen exzellenten Ruf genießt, ist Olaf Deter. Er fing vor 39 Jahren als Elektriker-Lehrling im damaligen Betrieb an und ist seit dem Jahr 2009 Geschäftsführer des Unternehmens. SETn, kennt er in-und auswendig. Dass er in alle Prozesse involviert ist, merkt man schnell. Die Wände seines Büros sind gesäumt mit zahlreichen Bauzeichnungen. Fast pausenlos klingelt sein Telefon.
Der Trend bei Binnenschiffen
geht zu vollelektrischen Antrieben.
Olaf Deter,
Geschäftsführer
Eisbrecher aus Tangermünde
„Was uns immer ausgezeichnet hat, ist unsere Fähigkeit, Marktentwicklungen genau zu erfassen und uns auf Veränderungen einzustellen“, sagt der Tangermünder. Das habe bereits unmittelbar nach der Wende angefangen. Damals entschied man sich, neben der Instandhaltung wieder auf den Neubau von Schiffen zu setzen. Vor der Wiedervereinigung hatte man sich auf die Reparatur der Binnenflotte der DDR konzentriert. „Es war schnell klar, dass wir damit nicht überleben würden“, sagt Deter. Mehr als 200 Schiffe haben seitdem die riesige Fertigungshalle verlassen. Produziert wird sowohl für private als auch öffentliche Auftraggeber. Hier gilt: Ein breites Portfolio an Leistungen hat sich stets als großer Vorteil erwiesen. „Wir haben vom Flusskreuzfahrtschiff über Forschungsschiffe bis hin zu Fähren in sehr vielen Segmenten gebaut. Auch Eisbrecher sind hier entstanden“, so Deter. Die Schiffe aus Tangermünde sind sowohl in Binnengewässern, auf Flüssen und Seen als auch auf hoher See im Einsatz. Falls ein Bereich mal schwächelte, habe man das stets ausgleichen können. Was für Kunden attraktiv ist: Beim Bau erhält man außerdem alle Leistungen aus einer Hand von einem Team, das perfekt abgestimmt ist. Das liegt auch daran, dass man der Ausbildung des eigenen beruflichen Nachwuchses immer große Bedeutung beigemessen hat. Eine weitere Besonderheit: Schiffe werden hier tatsächlich noch in ihrer Gesamtheit gefertigt, während Mitbewerber zum Beispiel oft den Rumpf importieren. Das seien alles wichtige Faktoren, um die hohe Qualität zu sichern. Die ist wiederum nötig, um mit der Konkurrenz nicht nur mitzuhalten, sondern sie zu überflügeln. Denn der Markt ist umkämpft. Nicht umsonst sinkt die Zahl der Werften in Deutschland. Mitbewerber aus dem Ausland profitieren von oft günstigeren Rahmenbedingungen. „Die Lohnkosten und Lohnnebenkosten sind bei uns viel höher. Da müssen wir bei Ausschreibungen mit anderen Dingen punkten“, sagt SET-Geschäftsführer Deter.Zum Beispiel mit innovativen Ansätzen. SET setzt bereits seit einigen Jahren auf Antriebstechnik jenseits von fossilen Kraftstoffen. Stattdessen werden die Schiffe entweder halbelektrisch oder teilweise vollelektrisch angetrieben.
Nachhaltige Binnenschifffahrt
In Tangermünde entsteht so eines der modernsten Projekte im Bereich nachhaltiger Binnenschifffahrt, so Deter. Die HADAG sprach gar von „einem weiteren Meilenstein für umweltfreundliche Mobilität auf dem Wasser“. Die Entwicklung in der Schifffahrt gleiche dabei jener in der Automobilindustrie. Man bewege sich weg von Verbrennermotoren. Antriebe mit Wasserstoff seien dagegen wirtschaftlich nicht rentabel.
„Der Trend geht zu vollelektrischen Antrieben. Umso mehr, weil die Batterietechnik sich ebenfalls weiterentwickelt“, schätzt Deter ein. Nicht jedes Unternehmen sei in der Lage, diese hochkomplexen Schiffe herzustellen. SET aus Tangermünde aber schon.
100
Mitarbeiter zählt die Schiffbau-und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (SET). Zu ihr gehören zwei Werften, eine in Tangermünde und eine in Genthin. Neben Flusskreuzfahrtschiffen werden auch Eisbrecher, Schwimmbagger und Schlepper gebaut.
Sachsen-Anhalt ist das Land der Binnenwerften
Rund 80 Prozent der deutschen Binnenschiffe werden in Sachsen-Anhalt gebaut, so der Verband für Schiffbau und Meerestechnik. An Werftstandorten wie Tangermünde, Genthin, Derben, Aken oder Havelberg entstehen beispielsweise Fahrzeuge für die Weiße Flotte Dresden, den Hamburger Hafen oder die Berliner Fahrgastschifffahrt – aber auch Baggerschiffe, Fähren sowie Polizeiboote.
Die Werft SET in Tangermünde und Genthin erhielt im Oktober den Auftrag, für die Hafendampfschiffahrts-Actien-Gesellschaft (HADAG) in Hamburg drei vollelektrische Fähren zu bauen. Sie sollen ab 2028 auf den Fährlinien im Hafen fahren. Die Fähren sind
30 Meter lang und acht Meter breit und bieten 250 Personen Platz. Sie sind bis zu 22 km/h schnell.
Eine Akkuladung reicht für zwölf Stunden Fährbetrieb.
A. Wollmann

So ähnlich werden die Fähren (Foto links) aussehen, die in der SET-Werft für einen Hamburger Fährbetrieb gebaut werden.
Foto: Hadag

