Zukunftsland Sachsen-Anhalt
2026



Raydiax-Geschäftsführer Thomas Hoffmann (rechts) und der Radiologe Professor Maciej Pech
Foto: Andreas Stedtler
Medizintechnik
Raydiax-Geschäftsführer Thomas Hoffmann (rechts) und der Radiologe Professor Maciej Pech
Foto: Andreas Stedtler
Tumor präziser im Visier
Von Jens Schmidt
Das Magdeburger Unternehmen Raydiax hat einen OP-Computertomografen entwickelt, der die Strahlenbelastung für die Patienten um bis zu 70 Prozent verringert.
Jedes Jahr werden in Sachsen-Anhalts Kliniken etwa 18.000 Frauen und mehr als 25.000 Männer wegen Krebs behandelt. In vielen Fällen entfernen Chirurgen den Tumor mit dem Skalpell. Doch das geht nicht immer. Ist der Tumor schwer zugänglich, schlägt eine Chemotherapie nicht vollständig an oder wäre ein schwerer operativer Eingriff samt Narkose für den Patienten zu gefährlich, dann kann „die Nadel“ zum Einsatz kommen. Dazu führt ein Radiologe einen dünnen Metallkatheder in den Körper des Erkrankten ein und zerstört die Krebszellen. Der Vorteil: keine Schnitte, keine Narkose - eine Beruhigungsspritze reicht aus. Minimalinvasiv nennen es Mediziner.
Damit der Arzt die Nadel exakt führen kann, benötigt er zu jeder Zeit präzise Bilder vom Inneren des Körpers. Daher liegt der Patient während der gesamten Behandlung in einem Computertomografen (CT). Und da lauern mehrere Probleme. Während des gesamten Eingriffs wird der Patient Röntgenstrahlen ausgesetzt. Außerdem hat die CT-Röhre nur einen recht engen Durchmesser, was Bewegungsfreiheit und Möglichkeiten des Arztes erheblich einschränkt. „Computertomografen sind in erster Linie für die bildgebende Diagnostik entwickelt worden, nicht für operative Eingriffe“, sagt Professor Maciej Pech, der seit fast 25 Jahren Nadeleingriffe am Universitätsklinikum in Magdeburg macht und die Schwächen der Technik tagtäglich vor Augen hat.
Eine Weltneuheit
Geht das nicht besser? Es geht. Die Firma Raydiax aus Magdeburg hat einen neuartigen Computertomografen entwickelt: Er liefert nicht nur präzise Bilder, an ihm können Ärzte vor allem besser und patientenschonender behandeln.
„Wir reduzieren die Strahlenbelastung um 60 bis 70 Prozent“, sagt Raydiax-Geschäftsführer Thomas Hoffmann. Denn: Bilder werden nur noch von jenen Stellen des Patienten erstellt, die für den Eingriff entscheidend sind. „Wenn wir die Leber behandeln, schauen wir uns die Leber und nicht mehr zugleich die Nieren an“, sagt Radiologe Pech, der die Entwicklung des neuen Geräts bei Raydiax mit vorantrieb. „Denn die Diagnostik ist ja bereits gelaufen. Wir wissen, wo der Tumor ist.“ Hoffmann ergänzt: „Der Fokus der Bildgebung liegt allein auf der zu operierenden Körperregion.“
Zudem bietet das Raydiax-Gerät deutlich mehr Platz: Der Durchmesser der CT-Röhre beträgt einen Meter, statt der bisher gängigen 75 Zentimeter. Der Operateur hat beim Führen der Nadel mehr Bewegungsfreiheit. „Außerdem können wir bei eventuell auftretenden Blutungen sofort reagieren und diese stillen“, erläutert Pech. Das neu entwickelte Gerät wurde technisch dementsprechend aufgerüstet. Hoffmann spricht von einem „Hybrid“. Das heißt: Operieren, Intervenieren und Bildgebung in einem. An bisherigen Diagnostik-CT-Geräten sei dies nicht möglich.
Das alles ist keine pure Theorie mehr. Das erste Gerät steht in der Halle der Experimentellen Fabrik in Magdeburg. Pech testet seit einigen Monaten die Abläufe an einem „künstlichen Patienten“, einem aus weichen Kunststoff nachgebildeten Körper mit inneren Organen und künstlichen Tumoren. Ihn überzeugt die neue Technik. „Jetzt geht es noch um den Feinschliff. Dann haben wir den wohl weltweit ersten OP-tauglichen Computertomografen“, sagt Pech.
Erster Einsatz in Magdeburg
Auch andere Fachleute schauen sich das neue Gerät und die Abläufe genau an. „Vorige Woche hatten wir ein renommierte Mediziner aus Hannover und Frankfurt hier“, sagt Geschäftsführer Hoffmann. Neben Magdeburg haben auch erste andere Universitätskliniken in Deutschland Interesse an der Erfindung bekundet. „Wir wollen das Gerät weiteren Radiologen zeigen und ihre Meinungen einholen.“
Derzeit steckt Raydiax in der vorklinischen Phase, noch darf das Gerät nur am künstlichen Patienten getestet werden. Es müssen noch Dutzende DIN-Normen erfüllt werden. Nächstes Jahr, so der Plan, beginnt die heiße Phase, die klinische Studie. „Dann wollen wir ein Gerät in die Uniklinik stellen und es ab Ende 2026 an den ersten Patienten einsetzen“, sagt Hoffmann. Ein Raum ist gefunden, muss aber noch umgebaut werden.
„Der Fokus der Bildgebung liegt allein auf der zu operierenden Körperregion.“
Thomas Hoffmann, Geschäftsführer Raydiax
Produktion wird vorbereitet
Das Drei-Tonnen-Gerät kann nicht überall stehen: Es geht um Traglasten, Strahlenschutz, Abluft, Versorgungsleitungen. Parallel dazu arbeitet das Team an der kompletten medizintechnischen Zulassung.
Dann geht es in die Produktion. Raydiax hat dafür bereits Werksflächen in der Experimentellen Fabrik in Magdeburg angemietet. In den nächsten Monaten wird die Technik installiert. Hoffmann sieht einen großen Bedarf. Allein die Uniklinik Magdeburg kommt in diesem Jahr auf etwa 4.000 Krebsbehandlungen, darunter sind etwa 500 bis 600 Nadeleingriffe im Jahr. Doch Raydiax hat auch den Weltmarkt im Blick. So sind die USA ein riesiger Markt.
Uni-Institut legte Basis für neue Technik
Raydiax wurde 2022 in Magdeburg gegründet und hat 20 Beschäftigte. Bisher wurden etwa zehn Millionen Euro investiert. Zu den Geldgebern gehören Kapitalfonds von Bund und Land sowie Private wie Regiocom-Chef Clemens Gutmann. Die Grundlagen für die neue Technik wurden am Forschungscampus Stimulate der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg gelegt.
Die Akteure: Thomas Hoffmann, Mitgründer und Geschäftsführer von Raydiax, ist Magdeburger. Der 39-Jährige studierte Maschinenbau. Der Arzt und Medizin-Professor Maciej Pech, gebürtiger Pole, arbeitet als interventioneller Radiologe am Uniklinikum Magdeburg. Sein Spezialgebiet ist die Nadel-OP in der Krebsbehandlung.
Computertomografie (CT): Für eine radiologische Untersuchung werden etwa 1.000 Röntgenbilder vom Patienten erstellt. Dadurch erhält der Arzt ein dreidimensionales Schnittbild.
J. Schmidt

Teil eines Computertomografen der Firma Raydiax Magdeburg
Foto: RAYdiax

